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Was ist eine Musterfeststellungsklage?

Was ist eine Musterfeststellungsklage? Rechtslage, Akteure, Vor- und Nachteile! | Rechtswissenschaft Blog

Eine Musterfeststellungsklage (auch: Musterklage) ist eine zivilrechtliche Feststellungsklage, die von einem Verbraucherverband erhoben wird. Sie wurde durch das Gesetz zur Einführung einer zivilprozessualen Musterfeststellungsklage zum 01. November 2018 in Deutschland eingeführt.

Das Gesetz zur Einführung einer zivilprozessualen Musterfeststellungsklage besteht aus einer Eingangsformel, 11 Artikeln und einer Schlussformel. Die ersten zehn Artikel regeln einzelne Änderungen in deutschen Gesetzen und der elfte Artikel bestimmt das Inkrafttreten des Einführungsgesetzes.

Rechtlicher Hintergrund einer Musterfeststellungsklage

Für die Einführung der Musterfeststellungsklage wurden gesetzliche Änderungen in zahlreichen Gesetzen beschlossen. Diese Änderungen betreffen zum Beispiel Bereiche der Zivilprozessordnung (ZPO), des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) und dem Gerichtsverfassungsgesetz (GVG). Die ZPO hat jedoch die größten Änderungen erfahren.

Der § 606 der ZPO in der Fassung vom 18. Juli 2018 besagt, dass qualifizierte Einrichtungen (= Verbraucherverbände) die Feststellung des Vorliegens oder Nichtvorliegens von tatsächlichen oder rechtlichen Voraussetzungen für das Bestehen oder Nichtbestehen von Ansprüchen oder Rechtsverhältnissen zwischen Verbrauchern und Unternehmen mittels einer Feststellungsklage begehren können.

Wer als qualifizierte Einrichtung anzusehen ist, wird in § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Unterlassungsklagengesetzes (UKlaG) bestimmt.

Die Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Musterfeststellungsklage sind in § 606 Absatz 3 ZPO aufgeführt. Danach muss die Musterfeststellungsklage durch qualifizierte Einrichtungen erhoben werden (Nr. 1), eine Glaubhaftmachung eines Feststellungsinteresses von mindestens zehn Verbrauchern muss dargelegt werden (Nr. 2) und wenigstens 50 Verbraucher müssen ihre Ansprüche zwei Monate nach Bekanntmachung der Musterfeststellungsklage bei einem Klageregister angemeldet haben (Nr. 3).

Im § 119 GVG in der Fassung vom 18. Juli 2018 wird die erstinstanzliche Zuständigkeit den Oberlandesgerichten zugewiesen.

Durch den § 204 BGB in der Fassung vom 01. November 2018 wird die Hemmung der Verjährung geregelt. Dies geschieht durch die Erhebung eines Antrags bei einem Klageregister durch den Verbraucher und die Erhebung einer Musterfeststellungsklage durch die Verbraucherverbände.
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Akteure einer Musterfeststellungsklage

Im Rahmen einer Musterfeststellungsklage gibt es drei Akteure, die an dem Verfahren beteiligt sind. Dies sind die geschädigten Verbraucher, die gesetzlich zugelassenen Verbraucherverbände und die betroffenen Unternehmen. Zudem kommen noch die Oberlandesgerichte und die Klageregister hinzu. Bei diesen handelt es sich streng genommen jedoch nicht um die eigentlichen Akteure, sondern um die staatlich geschaffenen Institutionen, welche das Musterfeststellungsverfahren führen.

Feststellungsklage

Die allgemeine Feststellungsklage ist in § 256 ZPO gesetzlich geregelt. Danach kann eine Feststellungsklage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit erhoben werden. Der Kläger benötigt jedoch ein sogenanntes Feststellungsinteresse. Dieses liegt vor, wenn dem Kläger ein Rechtsschutzbedürfnis zusteht.

Eine Feststellungsklage ist aus diesem Grund auch keine Leistungs- oder Gestaltungsklage. Vielmehr geht es bei einer Feststellungsklage konkret darum, eine rechtsverbindliche Feststellung zu treffen.

Exkurs: Sammelklagen in den USA

Die Sammelklage wird auch als Gruppen- oder Massenklage bezeichnet. Sie ist eine zivilrechtliche Klage in den USA, welche bei Erfolg nicht nur ihrem Kläger einen Anspruch verschafft, sondern auch denjenigen Personen, die den gleichen Sachverhalt wie der Kläger vorweisen können. Somit verschafft die Sammelklage auch Personen Ansprüche, die selbst nicht vor einem Gericht geklagt haben. In den USA wird die Sammelklage als „class action“ betitelt.

In Deutschland muss für die Zulässigkeit einer Klage eine Verletzung eines subjektiven Rechts vorliegen. Aus diesem Grund gibt es in Deutschland keine Sammelklagen. Die Musterfeststellungsklagen in Deutschland dienen dazu, dass ihre Feststellungsurteile für nachfolgende Klageverfahren eine Bindungswirkung entfalten. Jedoch muss jeder Verbraucher selbst eine Klage, zum Beispiel auf Schadensersatz, einreichen.

Vor- und Nachteile einer Musterfeststellungsklage

Ein großer Vorteil der Musterfeststellungsklagen liegt in dem Verbraucherschutz. Durch sie werden die Rechte der Verbraucher gegenüber großen Unternehmen, die oft eigene spezialisierte Rechtsabteilungen führen, gestärkt. Gerichtsverfahren sind oft langwierig und sehr kostenintensiv, weshalb viele Verbraucher den gerichtlichen Weg scheuen. Die Musterfeststellungsklagen entlasten den Verbraucher somit deutlich, denn das Prozessrisiko trägt zunächst der klagende Verband und nicht der Verbraucher.

Als Nachteil ist anzuführen, dass jeder Verbraucher dennoch nach dem Feststellungsurteil eine eigene Klage einreichen muss. Ein weiterer negativer Aspekt einer Musterfeststellungsklage ist darin zu sehen, dass nur Verbraucher von Musterfeststellungsklagen Gebrauch machen können. Kleine oder mittelständische Unternehmen, die ebenfalls oft betroffen sind, sind derzeit nicht in der Lage von Musterfeststellungsklagen zu profitieren.
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