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Verwirklicht das Mülltauchen den Tatbestand des Diebstahls?

Verwirklicht das Mülltauchen den Tatbestand des Diebstahls? | Rechtswissenschaft Blog

Nach Ansicht des Amtsgerichts Köln (Urteil vom 24.04.2019 – Az.: 539 Ds 48/18) verwirklicht das sogenannte Mülltauchen den Tatbestand des Diebstahls.

Das AG Köln entschied, dass der Angeklagte den Tatbestand des Diebstahls nach § 242 StGB verwirklicht hat, indem er vier Skizzen aus der Mülltonne des bekannten Malers Gerhard Richter entnahm und danach an ein Kunsthaus abgeben wollte.

In den Entscheidungsgründen hieß es dazu, dass der Müll noch im Eigentum des Künstlers stand.

Sachverhalt in dem Urteil

Der Künstler Gerhard Richter hatte Skizzen in seinem Altpapiercontainer entsorgt und diese dann zur Leerung auf den Gehweg gestellt. Der Angeklagte nahm die unsignierten Skizzen an sich und wollte sie an ein Auktionshaus in München verkaufen. Das Auktionshaus ließ die Werke zunächst auf Echtheit hin überprüfen. Im Zuge dessen kam heraus, dass der Künstler die Bilder eigentlich entsorgt und nicht, wie vom Angeklagten behauptet, verschenkt hatte.

Der Begriff: Mülltauchen

Der Begriff des Mülltauchens ist auch als sogenanntes Containern bekannt. Dabei werden noch verwertbare Lebensmittel aus den Containern von Supermärkten entnommen und an Bedürftige weitergegeben.

Den Initiatoren geht es dabei meistens darum, aufzuzeigen wie unsere Gesellschaft mit noch verwendbaren Lebensmitteln umgeht. Zugleich soll in derartigen Fällen ein Zeichen gegen bestimmte Verschwendungspraktiken (vor allem von Lebensmittelmärkten) gesetzt werden.

Voraussetzungen des Diebstahlsdelikts nach § 242 StGB

Gemäß § 242 StGB begeht Diebstahl, wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen. Das Gesetz sieht als Rechtsfolge Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe vor. Somit handelt es sich um ein Vergehen nach § 12 Abs. 2 StGB.

Als Tatobjekt ist eine fremde bewegliche Sache gefordert. Eine Definition zu dem Sachbegriff findet sich in § 90 BGB. Danach sind Sachen alle körperlichen Gegenstände. Unproblematisch handelt es sich bei den Skizzen um bewegliche Sachen im Sinne von § 90 BGB.

Die Tathandlung erfordert eine Wegnahme. Unter Wegnahme versteht man den Bruch fremden und die Begründung neuen, nicht notwendigerweise eigenen, Gewahrsams. Gewahrsam ist die tatsächliche Sachherrschaft über eine Sache, die von einem natürlichen Herrschaftswillen getragen ist.

Problematisch in dem zugrundeliegenden Sachverhalt war hauptsächlich, die Bestimmung des Tatobjekts der Fremdheit der Sache. Eine Sache ist dann als fremd anzusehen, wenn sie im Allein-, Mit- oder Gesamteigentum von einem anderen als dem Täter steht.

Unter den Juristen ist strittig, ob Müll noch im Eigentum des bisherigen Eigentümers steht oder die Sachen bereits als herrenlos anzusehen sind. Das Amtsgericht sah das Eigentum noch als gegeben an.

Zudem ist weiter problematisch, ob Müll auch noch im Gewahrsam des bisherigen Eigentümers steht oder eine Dereliktion (= Besitzaufgabe) stattgefunden hat.

Das Amtsgericht Köln ging davon aus, dass sich die Skizzen noch im Gewahrsam des Malers befanden. Auch wollte der Angeklagte, nach Ansicht des Gerichts, die Skizzen mit nicht nur geringem Wert weiterveräußern.

Entscheidungsgründe des Amtsgerichts Köln

Das Amtsgericht Köln entschied, dass die Skizzen noch im Eigentum und Gewahrsam des Künstlers standen.

Das Gericht urteilte, dass der Angeklagte die Skizzen mitnahm, um sie später wertbringend zu veräußern.

Aufgrund der fehlenden Signatur auf den Skizzen, seien diese nicht so viel wert wie signierte, jedoch hätten sie dennoch einen bestimmten Marktwert. Diesen schätzte das Gericht auf ungefähr 60.000 Euro.

Der arbeitslose Angeklagte wurde zu einer Geldstrafe in Höhe von 3.150 Euro (90 Tagessätze zu 35 Euro) verurteilt.

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Zusammenfassung

Die Grundaussagen des Urteils vom Amtsgericht Köln lauten somit, dass Müll noch eigentumsfähig ist.

Zudem steht Müll auch dann noch im Gewahrsam, wenn der bisherige Eigentümer ihn bereits in einem Container entsorgt hat.

Es gilt zu beachten, dass der Angeklagte noch die Möglichkeit hat, gegen das Urteil vorzugehen und Rechtsmittel einlegen kann.

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